Spinnenwege: Elsternschnee

„Es geht auf Tanne, …“ sagt Vater und holt den Dachgepäckträger hinter Sommerreifen hervor und Sonnenschirm. Mit seinem „…, die ja eigentlich eine Fichte ist!“ lassen wir die Siedlung zurück. Acker, Weide, Moor liegen unter schmelzendem Weiß. Mittagslicht schneidet Schwarz in das weite Land.

Zur Schonung, wo in den großen Ferien Nesseln meine Beine peitschen, Klette nach Sandale giert. Und Himbeeren locken… Vaters Blick prüft den ersten Baum, sucht bereits, ob der andere nicht doch schöner ist. Eine Elster schreit. Ich ziehe den Fäustling aus, greife nach der Frucht des letzten Sommers, pflücke sie aus Rankenwerk. Ein kleiner Wurm tänzelt wie die Schlange Indiens aus dem tauroten Kelch. Flocken fallen, die Elster schreit; von ferne Vaters Fluch. Die Frucht schmeckt gut, obwohl nur Marmeladenobst, mit Fleisch.

„Konfitürenobst!“ verbessert meine Großmutter, lächelt mir zu und öffnet die Thermoskanne mit dem dicken Korkenpfropf. Zu gerne würde ich einmal den Silberlöffel hineinwerfen, doch Kleineomi ist streng. Auch wenn sie in ihrem blauen Kleid mit den Punkten lieb ausschaut.

Ihr gegenüber am Campingtisch sitzt ein alter Mann mit Bart, Falten, Pelz. Sie trinken Kaffee, reden wenig. Und jedes Mal, wenn die Elster schreit, lauschen sie, ob man Vaters Axt hören kann. Vergeblich.

Schneedick liegt auf unserem Auto, Fichten und Himbeergesträuch. Unter den Stühlen blüht Johanniskraut. Großmutter hat das Reisespiel ausgepackt: ‚Mensch ärgere dich nicht!‘. Wir spielen zu viert: Kleineomi Rot, ich in Blau, der Fremde Grün und Vater Schwarz. Der Alte würfelt, zieht für ihn. Verliert.

Die Elster schreit. Unser Gast trinkt den Rest Kaffee, steht auf, ein stummer Abschied. Auch wir gehen einiges darauf. Nach Haus. Dass Großmutter nicht friert in ihrem dünnen Kleid? Vater lassen wir zurück. Er hat sich im Labyrinth der schönsten Tanne verlaufen. Sein „…, die ja eigentlich eine Fichte ist!“ wird mir fehlen.