Spinnenwege: Leimrutennacht
Der Engel steht auf rotem Karussell. Seine Füße in einer Pfütze. Nein, beinahe einer Schneewehe. Ganz gelb ist sie, als ob ein Hund…. Doch es riecht nach Patex. Weil ihm die Harfe so schwer ist und er alle Jahre wieder umzufallen droht. So kann er weiter seine Runden drehen zwischen Räuchermann, dem Nussknacker und sein Liedchen schnarren, das immer nur das eine ist: ‚Stille Nacht‘.
Dabei höre ich ganz deutlich, wie das Rotkehlchen zwischen Zweigen singt, der Kuckuck ruft. Und oben auf dem goldenen Stern sitzt ein Fasan. Die sind einfach mitgekommen, aus der Schonung, weil es hier schön und warm ist. Denn sie haben nur ganz kleine Augen und können nicht sehen, was ich sehe!
Vorsichtig klettere ich über den wackeligen Zaun, damit bloß nichts abbricht, vom Russisch Brot. Gretel schaut mich ängstlich an, ihre Zöpfe zittern sogar ein bisschen. Doch Hänsel nickt mir mutig zu, entschlossen und zeigt ganz langsam auf den Hirschfänger, der in seinem dicken Kniestrumpf steckt, dem linken. Das schaffen wir, auch wenn ich unbewaffnet bin. Denn ich habe ja die Kerze.
Da greift der Engel plötzlich in die Saiten. Und der mit der Flöte und der mit der Geige fangen ebenso auf einmal an, wie wild zu spielen. ‚Stille Nacht!‘. Viel schneller als sonst. Und ich – stecke fest. Bin kleben geblieben im Zuckerguss bei den Büschen aus Marzipan. Blödes Gestrüpp, obwohl sich Mutti immer sehr Mühe damit macht.
Schon huscht mir ihr Atem durchs Haar, die Kerze aus. Knotige Finger folgen, zerren mich quer durch Liebesperlen, Geleekringel, Dominosteine. Ab in den Spekulatiusstall, bewacht von einem Stutenkerl. Durch seine Beine hindurch sehe ich, wie sich Hänsel und Gretel aus dem Staub machen. Sie wollen bestimmt Hilfe holen, sage ich mir seitdem jeden Abend, jeden Morgen.
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